Zum Hauptinhalt springen

Aktuelles

Thomas Hettche – Die Liebe der Väter

Als sich der der berühmte Autor, Journalist und Essayist Thomas Hettche zu einer Lesung in Schorndorf einstellte, herrschte in der Bibliothek des beruflichen Schulzentrums drangvolle Enge. Er gab den Anfang seines Romans „Die Liebe der Väter“ zum Besten. Den Anfang, weil er wie der Haupteingang bei einem Haus den Charakter der Ich-Erzählung offenbare.

Die Fragen der Schülerinnen und Schüler fallen vielfältig aus; der gebürtige Gießener erleide zwar keine Schreibblockaden, komme aber über den Kampf ins Spiel („viel Transpiration, wenig Inspiration“). Jeden Satz, jedes Wort, jedes Komma überdenke Hettche zehnmal.

Indes schöpfe der Roman aus persönlicher Erfahrung – der Vater zweier Töchter hat damit eine schlimme Trennung verarbeitet. Die Szene mit der Ohrfeige im Sansibar sei besonders schwierig gewesen: Dürfe man das schreiben? Gewalt solle keinesfalls gebilligt werden, diene hier aber dazu, die Verzweiflung Peters auszudrücken.

Sylt nimmt im Roman viel Raum ein – Hettche hat drei Monate als Sylter Inselschreiber zugebracht. Die lange Küste habe im Winter beeindruckende Inspiration geboten. Hettche beschreibt gerne Wetterphänomene, interessiert sich für Auswirkung und Einfluss des Wetters auf die Sinne seiner Figuren. Dabei gleichen sich seine Arbeitstage: Aufstehen, Tee Kochen, Arbeit am Schreibtisch. Der Spaß bleibe dem Nachmittag vorbehalten. Doch Hettche habe schon immer Schriftsteller werden wollen. Mit Freude denke er daran zurück, wie er das erste Mal beim Verleger von Suhrkamp im Büro gesessen hat, mit Schaudern daran, dass ihm der deutsche Buchpreis wiederholt verwehrt geblieben ist.

Dass „Die Liebe der Väter“ Pflichtlektüre in der Fachhochschulreifeprüfung ist, empfindet Hettche als eine große Ehre, und natürlich sei es auch lukrativ. Reich werde man als Schriftsteller jedoch nicht.

Jungen Leuten, die selbst schreiben wollen, legt er nahe, sich genau zu überlegen: Was möchte ich eigentlich unbedingt ausdrücken? Die Zusammenarbeit mit anderen könne jungen Schreibenden zu wertvollen Rückmeldungen verhelfen. Dabei solle man sich nicht zu viel vornehmen und auf kleine Formate setzen.

Als Hettche gefragt wird, ob er eine Laufbahn als Schriftsteller empfehlen könne, wird spürbar, dass er für seinen Beruf Feuer und Flamme ist. Nicht zuletzt deshalb bezeichnet Alessandro Schubert aus der K2A die Lesung als „tatsächlich ganz interessant“. Ein Ritterschlag.